Haltungs- und Zuchtbericht des L 144

Ende Februar 2001 erwerbe ich spontan auf der Aquaristika in Leverkusen von einem Züchter drei halbwüchsige L 144, weil ich gehört habe, dass dieser Fisch eher selten zu kaufen ist. Sie werden zuerst in ein eingefahrenes Aquarium mit den Maßen 50 x 30 x 30 cm gesetzt, in dem schon 10 Funkensalmler (Hypessobrycon amandae), 6 Zwergpanzerwelse (Corydoras pygmaeus) und ein Albino-Ancistrus vorhanden sind. Durch die drei Neuankömmlinge ist das AQ nun wirklich überbesetzt und da ich ja auch auf ein mögliches Züchten der L 144 spekuliere, richte ich ihnen ein eigenes AQ der gleichen Größe mit Sand als Bodengrund ein. Da es damit jedoch Probleme gibt (der Kot der Tiere schwimmt darauf herum, ein Algenteppich breitet sich darauf aus) stelle ich das Aquarium nach ca. vier Wochen wieder auf feinen Kies (2-3 mm-Körnung) als Bodengrund um.

Doch schon vorher habe ich bei einem der L 144 eine seltsame Entdeckung gemacht. Als der Fisch gerade mal an der Frontscheibe Algen abraspelt, sehe ich, dass seine Unterseite ziemlich rot erscheint. Bei genauer Betrachtung sieht es so aus, als seien die Äderchen geplatzt und das Blut in das umgebende Gewebe ausgetreten. Dies ist vornehmlich an den Übergängen vom Körper zu den Flossen der Fall. Obwohl der Fisch augenscheinlich Nahrung aufnimmt und auch normalgefärbten Kot abgibt, magert er immer weiter ab. Im weiteren Verlauf verschwindet die rote Färbung an den Flossen, weitet sich aber auf den Kopfbereich aus. Da nur dieses eine Tier betroffen ist, scheint es sich nicht um eine ansteckende Krankheit zu handeln. Und da mir dieses Krankheitsbild und damit auch eine sinnvolle Behandlung völlig unbekannt sind, kann ich nur versuchen, die Selbstheilungskräfte des Fisches durch eine möglichst optimale Haltung zu unterstützen. In dieser Zeit füttere ich die Fische möglichst abwechslungsreich und führe zweimal wöchentlich einen Wasserwechsel von 10 Litern durch, von denen die Hälfte aus Osmosewasser besteht. Nach ca. 6 Wochen ist der Fisch wieder gesund und legt auch wieder an Körpergewicht zu. Allerdings ist er durch die Krankheit im Wachstum hinter den anderen beiden Fischen um ca. 2 cm zurück geblieben.

Mit der Zeit stellt sich durch die Ausbildung von Antennen heraus, dass es sich bei dem kleinsten und dem größten Fisch um Männchen handelt. Obwohl Höhlen in Form einer halben Kokosnuss und einer Tonröhre im Aquarium vorhanden sind, fängt das große Männchen am 11.06. 2001 an, unter der Wurzel eine Höhle anzulegen. Aufgeschüttete Kieshaufen zeigen, dass die Höhle zwei Eingänge besitzt. Die beiden anderen L 144 schwimmen aufgeregt in diesem Bereich herum, und besonders das kleine Männchen versucht in die Höhle zu gelangen und sie dem großen Männchen streitig zu machen, der sich jedoch nicht vertreiben lässt.

Am 13.06.2001 bemerke ich gegen Abend, dass eine Eitraube mit ca. 15 Eiern vor der Höhle unter der Wurzel liegt. Das große Männchen vertreibt die anderen beiden Fische, kann jedoch die Eitraube nicht wieder in die Höhle zurückholen. Vermutlich ist sie durch seine Drehmanöver in der engen Höhle abgerissen und nach draußen befördert worden. Da ich kurz vorher rote Mückenlarven gefüttert habe, von denen sich auch welche im Bereich vor der Höhle befinden, und vor allem das kleine Männchen immer wieder dorthin schwimmt, berge ich schließlich die Eitraube und gebe sie in einen Ablaichkasten. Diesen positioniere ich so unter dem Auslauf des kleinen Ekip-Innenfilters, dass ein Teil des Wassers in den Ablaichkasten strömt. Die Eier kommen durch die Strömung an der gegenüberliegenden Wand zu liegen und wiegen sich leicht in der Strömung.
Eine aktuell vorgenommene Messung der Wasserwerte ergibt: Temperatur 24 ° C, GH 8, KH 5, pH 7,5.

14. 06. 2001
Da heute der obligatorische Wasserwechsel ansteht, habe ich die Eitraube in ein kleines Plastikdöschen überführt, damit ich den Ablaichkasten aus dem AQ nehmen kann, um mehr Platz zum Absaugen des Bodens zu haben. Ein Ei ist weiß, also vermutlich unbefruchtet. Ich habe es mit einer spitzen Pinzette entfernt. Die anderen Eier werden dabei mit Hilfe eines Pinsels festgehalten. Nach dem Wasserwechsel habe ich die ursprüngliche Anordnung (Eitraube im Ablaichkasten unter Filterauslauf) wieder hergestellt. Im Sieb der Badewanne, in die ich das abgesaugte Wasser gekippt habe, habe ich noch zwei Eier entdeckt. Da die Farbe auf Befruchtung hinweist, gebe ich sie zu den anderen Eiern in den Ablaichkasten, obwohl sie mit Leitungswasser und Luft in Berührung gekommen sind und ich nicht weiß, wie sich dies auf ihre weitere Entwicklung auswirken wird.

Am Abend, als ich schon im Bett liege, höre ich auf einmal ein seltsames Platschen. Sofort mache ich das Licht an und kontrolliere den Ablaichkasten. Der Laich schwimmt in der "falschen" Ecke. Mit einem kleinen Plastikküchenteesieb bugsiere ich ihn wieder in die "richtige", der Strömung gegenüberliegende Ecke. Da bemerke ich, dass sich das kleine Männchen ebenfalls im Ablaichkasten befindet. Offenbar ist er an der Wand des Ablaichkastens empor und gegen den aus dem Filter kommenden Wasserstrom in Lachsmanier über den Rand des Ablaichkastens in diesen hineingesprungen. Mit dem Sieb hebe ich ihn wieder ins AQ zurück. Zur Sicherheit vor weiteren eiräuberischen Einbruchsversuchen lege ich den üblichen, zum Kasten gehörenden Laichrost über die Eier.

15. 06. 2001
Heute sind zwei Eier der Eitraube abgestorben, d.h. weiß geworden, und ich habe sie mit Hilfe von Pinzette und Pinsel entfernt. Leider kleben die Eihüllen stark an einander, so dass ich diese gar nicht vollständig entfernt bekomme. Hoffentlich verpilzen diese Reste nicht.

16. 06. 2001
Heute gibt es keine besonderen Vorkommnisse.

17. 06. 2001
Gegen 12 Uhr entdecke ich an drei Eiern Schwänze ! Ich beobachte weiter und sehe, wie innerhalb der nächsten halben Stunde alle Larven der Eitraube schlüpfen. Sie verlassen nacheinander die Eihüllen, welche ich dann entferne. Die Larven bestehen aus dem gelben Dottersack, dem Schwanz und einem Kopfteil, der wohl schon das typische Saugmaul besitzt, weil die Larven sich damit sofort nach dem Schlupf am Boden oder der Seitenwand des Ablaichkastens festhalten können. Zwischen Kopf und Dottersack ist als roter Punkt das Herz zu erkennen. Die Form des Dottersacks entspricht der eines aufgeblasenen T, d.h. unterhalb des Kopfes ist er etwas breiter und wird erst zum Schwanz hin oval. Bei zwei Larven leiste ich "Geburtshilfe" mit dem Pinsel. Insgesamt sind 18 Larven geschlüpft. Die Temperatur beträgt 25,5 ° C.

18. 06. 2001
Die Larven haben sich weiter entwickelt und sind nun von der Schwanzspitze bis zum vorderen Kopfende ca. 7 mm lang. Der Dottersack hat etwas abgenommen, d.h. die Ärmchen des T sind verschwunden und er hat nun insgesamt eine deutlich ovale Form. Die Augen sind als dunklere Pünktchen ansatzweise zu erkennen. Ebenso sind nun zwei winzige Flossen links und rechts neben dem Kopf sichtbar.
Den Laichrost habe ich heute wieder aus dem Ablaichkasten entfernt, da die Larven sich nun durch den ganzen Kasten bewegen. Dies ist wohl dann auch die Entwicklungsphase, in der ein brutpflegendes Männchen die meiste Mühe damit hat, die Larven-Schar zusammen zu halten. Allerdings sind nur noch 15 Larven vorhanden. Vermutlich haben die zwei sich im Aquarium befindlichen Heterandia-formosa-Weibchen die drei fehlenden Larven durch die seitlichen Schlitze des Ablaichkastens "herausgepickt" und gefressen. Zum Schutz vor weiteren Verlusten dieser Art habe ich einen feinmaschigen Nylon-Damenstrumpf über die Seiten des Ablaichkastens gezogen. Am späten Nachmittag ergibt ein erneuter Kontrollblick, dass sich die über den Boden und die Seitenwände überwiegend einzeln verteilten Larven nun in zwei gegenüberliegenden Ecken des Kastens zusammengefunden und in Gruppen formiert haben.

19. 06. 2001
Heute morgen finde ich die Larven in einer einzigen Ecke des Ablaichkastens versammelt. Sie haben sich den ganzen Tag nicht mehr von dort wegbewegt. Als Grund vermute ich, dass die Entwicklung der Augen, die nun als schwarze Punkte deutlich erkennbar sind, soweit fortgeschritten ist, dass die Larven hell und dunkel unterscheiden können und sich deshalb die dunkelste Ecke gesucht haben. Auch die Flossen links und rechts des Kopfes sind etwas größer geworden und die Larven messen nun 8 - 9 mm. Am Nachmittag wird wieder ein Wasserwechsel von 10 Litern, zur Hälfte aus Osmosewasser bestehend, durchgeführt.

20. 06. 2001
Die Larven haben sich auch heute nicht aus ihrer Ecke des Ablaichkastens bewegt. Der Dottersack ist nun länglich-oval und die seitlichen Flossen sind jetzt gut erkennbar. Die Larven messen 1 cm.

21. 06. 2001
Heute gibt es keine besonderen Vorkommnisse oder Veränderungen gegenüber dem Vortag.

22. 06. 2001
Die Larven scheinen ihre Versammlung in einer Ecke des Ablaichkastens langsam wieder aufzulösen, da sich zwei Splittergruppen zu einmal zwei und einmal drei Jungfischen in einiger Entfernung zur Hauptgruppe gebildet haben. Am Nachmittag wird von mir der obligatorische Wasserwechsel durchgeführt. Danach habe ich den Ablaichkasten nicht mehr unter dem Filterauslauf, sondern direkt vorne an der Frontscheibe so positioniert, das der vom Filter kommende Wasserstrom seitlich auf die mit Schlitzen versehene Seite des Kastens trifft. Dadurch ist jetzt die Strömung und die Versorgung mit sauerstoffreichem Wasser vermindert, aber ich nehme mal an, dass auch die neue Anordnung für die weitere Entwicklung immer noch ausreichend ist. Aufgrund der hellen Färbung der L 144-Nachkommenschaft ist es sehr schwer zu erkennen, ob der Dottersack nun wirklich aufgezehrt ist und die Jungen tatsächlich freischwimmen. Da ich noch keine Futtertablette hinein geben will, die Jungen aber, falls sie doch schon soweit sind, etwas zu fressen finden sollen, habe ich ein Büschel Javamoos aus dem Aquarium in den Kasten gegeben und den Laichrost darüber gelegt, um es auf dem Boden und damit in der Nähe der Kleinen zu halten.

23. 06. 2001
Die Größe der Jungfische beträgt nun ca. 1,2 cm. Am Morgen habe ich eine Futtertablette zerkleinert und über die gesamte Bodenfläche des Kastens verteilt, da die einzelnen Jungfische nun offensichtlich selbständig am Boden und den Wänden auf Nahrungssuche gehen. Durch die neue Position des Kastens vorne in der Mitte der Frontscheibe befindet er sich nun auch unmittelbar unter der Lampe, so dass sich hoffentlich auch schnell Algen als zusätzliches Futter für die Jungen bilden. Am Nachmittag beobachte ich an einem mir seine Bauchseite zeigenden Jungtier einen feinen dunklen Strich, der sich bei genauerer Betrachtung als der auch für die großen L 144 typische Kotfaden herausstellt. Der Verdauungsapparat hat also seine Arbeit aufgenommen und funktioniert !

24. 06. 2001
Heute wird der Nylon-Strumpf um den Kasten entfernt, da er nicht mehr nötig erscheint und so auch der vom Filter kommende Wasserstrom ungehinderter durch die seitlichen Schlitze gelangen kann. Außerdem kann man so Kot- und Futterreste durch Anheben einer Seite besser aus dem Kasten spülen. Nach der Reinigung des Kastens auf diese Weise habe ich die Hälfte einer neuen Futtertablette fein zerbröselt in dem Kasten verteilt.
Gegen Mittag beobachte ich, wie einige der Jungfische, die auf dem Boden nach Nahrung suchen, das dann auch bei den älteren L 144 zu beobachtende Verhalten des seitlichen Drückens und Wegstoßens zeigen.

25. 06. 2001
Die Jungfische "nuckeln" die Scheiben des Kastens bis zur Wasseroberfläche hin nach Nahrung ab. Die aufregendste Phase scheint überstanden zu sein, jetzt müssen sie nur noch fressen und wachsen.

27. 06. 2001
Beim obligatorischen Wasserwechsel sauge ich den Boden des Aquariums ab. Dabei gelangen auch einige Steinchen durch den Schlauch in den Eimer. Diesen Kies spüle ich mit warmen Wasser durch, um ihn anschließend wieder ins Aquarium zurück zu geben. Dabei bemerke ich, dass sich auch ein L 144 - Jungfisch bei dem Kies befindet. Offenbar hat er sich im Aquarium befunden und ich habe ihn mit eingesaugt. Ob er eine der drei verschwundenen Larven ist? Auf jeden Fall habe ich ihn sofort in den Ablaichkasten zu den anderen gesetzt und hoffe, dass er den Temperaturwechsel "AQ - Eimer - AQ" unbeschadet übersteht. Nun sind es also wieder 16 Jungfische.

28. 06. 2001
Allen, auch dem wiedergefundenen Jungfisch, geht es gut.

02. 07. 2001
Heute habe ich einen Jungfisch zu den großen Fischen ins Aquarium entlassen, um zu testen, ob die Jungfische auch dort überleben würden. Die ausgewachsenen L 144 scheinen ihn gar nicht zu bemerken, lediglich die Heterandia-formosa-Weibchen nähern sich ihm, greifen ihn jedoch nicht an.

03. 07. 2001
Der Jungfisch ist auch heute noch wohlauf, bewegt sich durch das ganze Aquarium, hält sich aber bevorzugt im Bereich der großen Wurzel, die quer im Becken liegt, auf. Ich habe daraufhin für die übrigen Jungfische im Ablaichkasten ebenfalls ein kleines Wurzelstückchen besorgt, das sie sofort annehmen. Jetzt stellt also nur noch die im Ablaichkasten konzentrierter mögliche Zufütterung mit Grünfutter-Tabletten einen Faktor dar, der einen positiven Einfluss auf das Wachstum der Jungfische haben könnte. Der Welspapa hat heute wieder begonnen, unter der großen Wurzel zu buddeln. Ich habe daraufhin rote Mückenlarven gefüttert. Diese scheinen sich nämlich positiv auf die "fleischlichen Gelüste" der Welse auszuwirken.

04. 07. 2001
Heute gibt es wieder den obligatorischen Wasserwechsel. Welspapa und Welsmama sind mehrfach in der Höhle unter der Wurzel. Da sie aber immer noch recht füllig aussieht, hat sich da wohl noch nichts getan.

05.07.2001
Der Welspapa bewacht die Höhle und lässt sich nur zum Fressen kurz blicken. Ich schätze mal, dass sich da nun meine zweite Nachzucht entwickelt.

09. 07. 2001
Mit dem heutigen Wasserwechsel habe ich die übrigen Jungfische aus dem Ablaichkasten ins Aquarium entlassen, da sie im Größenwachstum trotz guter Fütterung zu stagnieren scheinen. Im Aquarium können sie nun nicht mehr so zielgerichtet gefüttert werden, müssen sich wie in der Natur ihr Futter selber suchen, haben dafür aber mehr Platz zur Verfügung. Das Männchen hat nun schon seit längerem die Höhle unter der Wurzel nicht mehr verlassen und ein vorwitziger Jungfisch, der mal sehen wollte, was denn da wohl unter der Wurzel ist, wird gleich mit der Schwanzflosse weggescheucht.

10. 07. 2001
Das Welsmännchen hat ein Packet leerer Eihüllen aus der Höhle geschmissen. Die Larven sind also heute geschlüpft. Eine Larve habe ich kurzzeitig vor der Höhle liegen sehen. Ich hoffe, dass das Männchen sie wieder in die Höhle bugsieren konnte und sie nicht von den Heterandia-Weibchen gefressen wurde, welche ich daraufhin ausquartiert und abgegeben habe. Nun ist das Aquarium ein reines Artbecken für die L 144.

13. 07. 2001
Während des heutigen Wasserwechsels habe ich drei Jungwelse gefangen und in ein anderes Aquarium umgesiedelt. Unter den im Artbecken verbliebenen Jungfischen fällt mir ein Exemplar auf, welches etwas mickriger als die von mir im Ablaichkasten aufgepäppelten Jungen aussieht. Bei der Fütterung gegen Abend tauchen dann noch mehr dieser "Exemplare" auf und auch das Männchen lässt sich nach Tagen zum ersten Mal wieder blicken. Offenbar handelt es sich dabei wohl um die vom Männchen noch bewachten und nun flügge gewordenen Jungfische der in der Höhle verbliebenen Eier. Die Jungfische stürzen sich ohne Scheu zwischen den Alttieren direkt auf die Futtertabletten.

Zurück zu Ulrico's Aquarien